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Wissenschaftler haben mittlerweile das Alter der Mumie bestimmt. Sie waren überrascht. Denn die Mumie stammt aus der Jungsteinzeit, ist ca. 5.250 Jahr alt und damit die älteste natürliche Mumie, die jemals gefunden wurde. Selbst die älteste künstlich hergestellte Mumie eines Kindes aus Libyen ist mit 5.500 Jahren nicht wesentlich älter.
Die Vermessungsingenieure haben mittlerweile auch den Grenzverlauf der Vereinbarung nach dem 1. Weltkrieg über die Grenzziehung zwischen Österreich und Italien vermessen und festgestellt, dass die Gletschermumie in Südtirol lag, gerade mal 90 m von der Grenze zu Österreich entfernt. Die Behörden haben sich daher darauf verständigt, dass die Mumie nach Bozen verlegt wird. Bisher gingen sie davon aus, dass die Mumie in Österreich gefunden wurde und deshalb war sie zunächst in Innsbruck.
Giovanni widmete sich voll und ganz der Erforschung der Mumie. Er organisierte verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen. Besonderes Interesse hatte er an einer weiteren Aufklärung der Tätowierungen der Mumie. Er nahm Kontakt mit Elisa aus Rom auf, einer der bekanntesten Forscherinnen zur Früh- und Urgeschichte und insbesondere zu den Tätowierungen alter Mumien. Elisa war auch Schamanin und unternahm mit vielen Menschen Seelenreisen. Niemand weiß, auch Elisa nicht, warum sie so tiefgreifende Ergebnisse bei ihren Seelenreisen hat. Schon als Kind stellte man diese Begabung bei ihr fest. Mittlerweile beträgt die Anmeldezeit für eine Seelenreise mit ihr mehr als ein Jahr.
Elisa sollte jetzt im Labor in Bozen angekommen sein. Sie wollte um 12 Uhr Mittags da sein.
"Buon Giorno, Giovanni" schallt es mit kräftiger Stimme aus der Türe. "Buon Giorno, Elisa, ich freue mich, Dich wieder hier zu sehen. Come va? War die Reise anstrengend?"
Elisa antwortete: "Ja mir geht es immer gut, wenn ich nach Bozen komme. Ich fühle mich hier zu Hause und Rom finde ich einfach nur schrecklich. Da nehme ich gerne jede Reise auf mich."
Beide unterhalten sich eine Stunde lang. Dann bittet Elisa ihn, sie mit der Mumie alleine zu lassen und sie die nächsten sechs Stunden nicht zu stören. Zuvor will sie aber mit seiner Hilfe auf ihrem Körper die gleichen Tätowierungen anbringen, wie auf der Mumie. Auch ihr Gesicht bemalt sie und verwendet die Technik der Aborigines, um in metaphysiche Regionen zu kommen, indem sie Metanoxid verwendet, eine Farbe mit halluzinativen Eigenschaften. Giovanni bringt derweilen auf ihrem Rücken die Tätowierungen an. "Au!, Schreit sie, als er an einer Stelle am Rücken die Farbe mit dem Daumen etwa hindrückte." Was ist, ich habe nichts gemacht! fragte Giovanni nach. "Ist schon gut, ich habe hier eine Stelle, die auf Druck etwas schmerzt." beruhigt sie Giovanni.
Elisa ist jetzt alleine, die Mumie liegt gerade einmal einen Meter von ihr entfernt. Im Hintergrund läuft ein Tonband mit rhythmischer Musik. Sie hat diese Musik und die Rhythmen aus alten Beschreibungen zusammengestellt, wie sie von schamanischen Schafhirten im oberen Ötztal verwendet wurden. Mit verschränkten Beinen sitzt sie auf einer Decke am Boden, vor ihr kleine hölzerne Schlagstöcke, wie sie in den Schafhütten gefunden wurden. Auf diesen spielt sie zur Musik. Das bei der Gletschermumie gefundene Kupferbeil liegt neben ihr. Es soll einen Kraftpunkt auf ihrer Reise darstellen. Der Raum ist stark abgedunkelt.
Sie stellt sich vor, durch urzeitlichen Urwald zu laufen. Mächtige Bäume ragen weit in den Himmel hinauf. Dicke Lianen hängen herab. Das dichte Blattwerk der Bäume verhindert, dass Sonnenlicht bis zum Boden kommt. Aus den Baumgipfeln sind unzählige Vogelstimmen zu hören. Aus der Ferne ist furchterregendes und tiefes Gebrüll großer Tiere zu hören, die ihr Territorium dadurch abstecken.
Elisa kommt an einen großen und alten Baum. Äste, die so groß sind, wie ausgewachsene Bäume, liegen gespalten und zerbrochen am Boden, offensichtlich von Blitzen zerstört. Der Stamm ist aufgebrochen und bildet einen Hohlraum. Sie geht in den Stamm hinein und findet einen schmalen Eingang zu einem Hohlraum - offensichtlich von einem großen Tier gegraben. Dicker Staub bedeckt den Eingang. Er wurde seit langem nicht mehr genutzt. Sie zwängst sich hindurch, der Hohlraum wird größer und führt tiefer in die Erde. Sie hat, obwohl weiterhin keine Tierspuren zu sehen sind, Angst, auf Tiere zu stoßen. Mittlerweile dringt kein Licht mehr von oben herab, es ist vollkommen dunkel. Elisa tastet sich mit Händen und Füssen vor. Er erscheint ihr eine Ewigkeit, wie sie immer tiefer und tiefer in den Boden gelangt. Wohin führt dieser Weg?
Plötzlich, als der Weg seine Richtung stark verändert, sieht sie in der Ferne einen kleinen und schwachen Lichtpunkt. Ihr Herz schlägt höher, sie setzt ihren Weg beschleunigt fort, der Lichtpunkt wird größer. Das Licht kommt von dem Ausgang aus der Höhle. Sie verlässt diese und steht wieder in dichtem Urwald, der steil nach unten abfällt, daneben fließt ein reissender Wildbach. Elisa folgt diesem bis zu einem kleinen und tiefen See.
Das Licht der Sonne kommt hier ungehindert bis zum Boden. Am Rande des Sees befindet sich nur dichtes Buschwerk und weite Schilflandschaften. Dazwischen liegen immer wieder große und weitgehend verfaulte Bäume. In dieser Sumpflandschaft haben diese keinen Halt mehr in der Erde gefunden. Ein Paradies mitten im Urwald!
Elisa ruft sich in Erinnerung, dass sie hier ist, um den Großen Bären zu finden. Sie stellt sich auf einen großen Felsen, von dem aus sie einen guten Überblick hat und ruft mit lauter Stimme: "Großer Bär, ich suche Dich! Zeige Dich!"
Nichts! Nur das leise Rascheln der Blätter der Büsche und des Schilfes im sanften Wind und die entfernten Stimmen der Vögel aus dem Wald. Immer und immer wieder ruft sie nach dem großen Bären, mal in die eine, mal in die andere Richtung. Immer wieder nichts! Elisa fängt zu Zweifeln an, ob sie hier den Großen Bären finden kann. Sie versucht es weiter.
War hier eine Bewegung in den Büschen, die nicht vom Wind verursacht ist? "Großer Bär, bist Du es? Wenn Du es bist, zeige Dich!" ruft sie dorthin. Die Bewegungen der Buschspitzen kommen näher. Plötzlich: Das dichte Buschwerk öffnet sich .... der Große Bär steht vor ihr!
"Mich gerufen Du hast? Meine Hilfe Du brauchst?"ruft der Große Bär Elisa zu.
"Ja. Ich brauche Deine Hilfe. Siehe hier meine Tätowierungen. Kennst Du diese?" Elisa zeigt auf Hände und Füsse, streift ihre Oberbekleidung ab und zeigt die Tätwowierungen auf ihrem Rücken.
"Solche ich kenne, ja."
"Kennst Du einen Jäger, der hoch oben in den Bergen zwischen dem großen Wasser und der großen Weite im Schnee und Eis zu Tode kam?"
"Ja. Er mich gerufen hat. Er auserwählt von den Göttern ist. Erzählen seine Geschichte er soll."
"Welche Geschichte? Wie kann er seine Geschichte mir erzählen?"
"Ihn ich holen werde. Uns wir hier treffen werden. Dir ich will geben ein Zeichen. Du ein paar Monde warten sollst."
Der Große Bär tritt einen Schritt zurück. Die Büsche schließen sich und der Große Bär ist im Dickicht verschwunden. Elisa verfolgt die Bewegungen der Buschspitzen, die sich immer mehr entfernen und dann nicht mehr sichtbar sind.
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