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Ich wache auf, verharre noch in der Dunkelheit, um die Erlebnisse meiner Reise besser verstehen zu können. Ich fühle mich erschöpft - wie nach einer langen und kraftraubenden Reise. Ja mehr noch, wie nach einem langen Schlaf mit intensiven Träumen.
Langsam stehe ich auf, mache das Licht an. Ich blicke auf das Kupferbeil. Es kommt mir noch mehr als vorher vertraut vor. Ich will meine Erlebnisse und Gedanken aufschreiben, aber alles ist so diffus, dass ich keinen klaren Gedanken, keine klaren Worte fassen kann. Es scheint, als sind alle meine Erlebnisse im Unbewussten verborgen und verdeckt.
Wie immer noch in Trance gehe ich hinaus, um Giovanni zu suchen. Er stellt sofort fest, dass irgendetwas vorgefallen war. "Was ist, Elisa, Du schaust so irritiert, ja geradezu verwirrt aus? Geht es Dir nicht gut? Was ist vorgefallen?"
"Mir geht es gut, aber ich stehe noch neben mir. Ich weiß nicht, was ich erlebt habe. Ich bin verwirrt, habe noch keinen Zugang zu meinen Gedanken. Habe ich geträumt oder was ist vorgefallen?"
Mit dieser Erklärung macht sie Giovanni um so neugieriger. "Sag, was hast Du erlebt. Hast Du den Großen Bären getroffen? Hast Du schlechte Nachrichten? Ging was schief?"
"Ich weiß es nicht! Ich würde das alles selbst gerne wissen. Lass mir noch Zeit!"
Ich schaue lange Giovanni an. Eigentlich schaue ich durch ihn hindurch. Dann sage ich: "Ich brauche jetzt Ruhe, will alleine sein. Ich gehe in mein Hotelzimmer. Wir sehen uns dann morgen hier."
Ich drehe mich um und gehe grußlos. Ich sehe nicht, dass mir Giovanni lange und nachdenklich nachsieht, auch wie ich das Haus verlasse und zu meinem Hotel gehe.
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Am nächsten Tag wache ich auf. Ich habe gut geschlafen und ich fühle, dass heute meine Kräfte wieder vorhanden sind und ich klarer sehe. Die gestrige Müdigkeit und Kraftlosigkeit sind verschwunden. Aber noch immer nicht kann ich mich erinnern, was in meiner gestrigen Trance vorgefallen ist. Ich gehe in den Frühstücksraum und sitze erst mal eine längere Zeit vor einer großen Tasse Kaffee. Die Gletschermumie nimmt ihren Platz in meinen Gedanken ein. Die unterschiedlichsten Gedanken fliegen herum wie Schwalben beim nahenden Sommer - schnell, aufgeregt, durcheinander, aber sicher im Flug.
"Was war die Gletschermumie? Ein Schafhirt, der ermordet wurde? Ein Mineraliensucher auf der Suche nach Feuersteinen? Ein Händler, der Waren von dem Meer über die Alpen brachte? Wo lebte er, im Eisack- und Ennstal? War er ein Häuptling, der von den Jungen ermordet wurde, damit der Platz für diese frei wird? Wurde er oben auf dem Tiesenjoch ermordet oder wurde er unten getötet und oben bestattet? War er Scharmane?" Fragen über Fragen schwirren mir durch den Kopf.
Plötzlich stelle ich fest, dass mein Unterbewusstsein die Fragen besser beurteilen kann, weil ich bei jeder Frage ein bestimmtes Gefühl bekomme, ob es das ist oder nicht. Mein Unbewusstes reagiert wie ein Quizmaster, der mir den Weg zu "richtig" oder "falsch" zeigt. Mein Wunsch, mit Giovanni darüber zu reden wird immer stärker. Ich will keine Zeit verlieren, trinke den Rest meines Kaffees schnell aus, packe mir eine belegte Semmel ein, nehme mir eine Orange mit und gehe schnellen Schrittes hinüber ins Labor und eile dort zu dem Büro von Giovanni.
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