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Morgen schweben wir mit der Bahn auf den Ritten. Der Ausflug ist die Idee meiner Mutter, ihre Erinnerungen reichen zurück bis 1928, wo sie das erste Mal in Begleitung ihrer Großmutter den Ritten besuchte. Sie ist eine junge Touristin, denn auf das Hochplateau reist man schon seit mehr als 300 Jahren. Man sagt, der Begriff Sommerfrische sei hier erfunden worden. Zwei bis drei Monate lang entflohen die ersten adeligen Sommerurlauber in Feriendomizile wie Maria Himmelfahrt oder Oberbozen der Hitze im tausend Meter tiefer gelegenen Tal. Die Zeit in der "Frisch" vertrieb man sich mit Empfängen, Boccia-Turnieren, Scheibenschießen und großen Sommerfesten wie dem "Schießstandball". Und wie heute ging man hinaus in die Natur, wanderte auf gemütlichen Wanderwegen durch kleine Lärchenwälder und grüne Wiesen mit Aussicht auf die Dolomiten, den Schlern, den Rosengarten, den Latemar. Der Rücken des Ritten ist eine Insel in einem Meer von Gipfeln. Damals wurden hier Haflinger gezüchtet, die beliebten Pferdchen mit den goldenen Mähnen.
Der Kaserhof auf dem Wanderweg 6 von Oberbozen nach Kematen überrascht uns mit der größten Alpakazucht Italiens. Haben die Alpakas die traditionellen Haflinger abgelöst? Wohl nicht, auch wenn sie wie die Haflinger Spezialisten in den Bergen sind, Trekkingtouren begleiten, durch ihr sanftes zutrauliches Wesen unsere Herzen öffnen, Wolle liefern, und einfach schön sind. Diese hier haben schon Schönheitswettbewerbe gewonnen. Unser Ziel ist die Schloßgaststätte in Kematen, dort können wir ausgiebig tafeln und einen alten Bekannten meiner Mutter besuchen. Er ist hier Mädchen für Alles, singt in allen Strophen das Kanonenlied aus der drei Groschenoper und schließt jedem der ihn darum bittet und einige Groschen in den Klingelbeutel spenden will die kleine Hauskapelle auf. Glaube und Katholizismus ist in Südtirol zuhause. Die Kapelle ist ein Kleinod, er zeigt uns die Symbole des ersten Sündenfalls und vergewissert uns,
ich würde niemals für einen Apfel auf den Baum klettern und stehe er im Paradies.
Wir lachen mit ihm. Wir wandern Richtung Klobenstein, ein Anhalten ein Blick zurück nach Kematen. Es sind die Einheimischen, die uns das Land nahebringen. Weiter in Gespräche vertieft und Seelenwege erforschend wandeln wir auf der Freud Promenade zurück zum Ausgangspunkt nach Oberbozen. Sigmund Freud war Tourist in Klobenstein, und konnte wie wir die Bergbahn nach Bozen benutzen die seit 1907 fährt.