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Heutzutage wird Neapel von den Touristen höchstens noch in Kauf genommen um das eigentliche Ziel Pompeji zu besuchen. Zu Goethes Zeiten teilte sich Neapel mit Palermo die Hauptstadt des Königreichs beider Sizilien.
Goethe 1787: "Neapel ist ein Paradies, jedermann lebt in einer Art von trunkner Selbstvergessenheit. Mir geht es ebenso, ich erkenne mich kaum, ich scheine mir ein ganz anderer Mensch."Meine Großmutter, 1901 geboren, liebte Neapel, und die ersten Sätze ihres 1959 erschienenen Autoreiseführers "Nimm mich mit" lauten so:
"Will man Neapel kennenlernen, muß man natürlich seine Kirchen, Paläste und Museen besuchen. Will der Besucher aber die Seele dieser ungeheueren Stadt erfassen dann muß er das Fahrzeug verlassen, sich unter die Menge mischen und in den Straßen treiben lassen."Unsere Reise im Januar 2013 sieht ganz anders aus:
Mit der Bahn über den Brenner nach Bozen. Ein "Zwischenstop" muß sein, Bozen ist zu schön um daran vorbeizufahren. Wir bleiben in Bozen und wandern über den Oswaldweg nach Schloß Runkelstein, morgen geht es weiter. Am nächsten Tag sind wir in 4 Stunden in Bologna, weiter mit dem Schnellzug in sage und schreibe 4 Stunden in Neapel, das sind immerhin 450km.
Der sterile Schnellzug spuckt uns in Neapel an der Statione centrale aus. Dass man Neapel mit keiner anderen Stadt in Italien vergleichen kann wird uns vor Augen geführt. Der Müll stapelt sich überall, ich wusste es aus den Zeitungsberichten der letzten Jahre, war aber überrascht, dass dieser Notstand immer noch anhält.
Wir hatten die Hoffnung mit Hilfe unseres unverzichtbaren Reiseführers "Golf von Neapel" aus dem Michael Müller Verlag ein nettes Hotel zu finden. Wir zogen unsere schwarzen Rollkoffer hinter uns her, mussten aber herausfinden, dass es ohne Vorbestellen nichts "Nettes" gab. Die Stadt präsentierte sich hässlich, Plastik und Müll lagen verstreut auf Grünflächen und Plätzen. Viele jungen Leute, häufig Schwarze, die sogenannten Boatspeople aus Afrika hatten offensichtlich keine Arbeit. Die Gassen rochen modrig waren eng und dunkel. Der Putz fiel von den Häusern, sie waren in einem ganz erheblich schlechten Zustand.Es ist offensichtlich dass hier Menschen vergessen werden, und wir fragen uns wohin fließen die Gelder, es muß doch Entwicklungsgelder, Steuern, Abgaben, Soziale Unterstützung geben, wer ist für die Politik und Verwaltung zuständig, die menschenverachtend ist und gerade den jungen Leuten keine Arbeit verschafft. Hier regieren Gleichgültigkeit, Korruption, und Kriminalität.
Ich weiß von meinem Reiseführer Neapel hat noch ein anderes Gesicht, jährlich kommen Tausende von Besuchern, die meisten Tagestouristen, immer öfter von den Kreuzfahrschiffen, sie grasen die Highlights und großen Museen ab;
Zum Abendessen nur soviel, wohin kann ich mit meinen Tränen über die Langusten, die in einem Aquarium hausen, dass mit einer Sauerstofffontäne aufgeschäumt wird und deren Scheren mit einem roten Klebstreifen zusammengebunden sind? Die Frage ob ich sie beim Ober bestellen soll um sie zu erlösen, verwandelt mich in eine Salzsäule.
Ich halte es nicht aus in Neapel, ich brauche frische Landluft, gehen, schauen, denken, staunen, da ist Pompeji vielversprechend.
Zur frühen Stunde lösen wir eine Fahrkarte für die Circumvesuvina, sie ist quasi ein Metrozug, sie führt uns wie der Name schon sagt um den Vesuv herum. Sie ist übrigens privat, möchte gar nicht wissen wer hier den großen Reibach macht. Kann nur sagen die Züge sind Marke uralt und es wird kein Geld in ihre Erneuerung gesteckt. Es mischen sich Einheimische, Touristen und herrenlose Hunde in der Bahn. So durchkreuzen wir rumpelnd die "Vorortslums von Neapel".Wer zu den Ausgrabungsstätten Pompeji will steigt die Station "Villa of Misterious" aus.