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Der große Strom durchschneidet Gebirgsketten, ihre Hänge kleiden das dunkle Grün der Nadelbäume, das lichte Grün der Buchen und das satte Grün der Wiesen. An den steilen Kanten zeichnet der schwarze Schiefer den Felsen. In den Seitentälern sammelt sich das Wasser, Bäche reißen Erde und Steine mit sich, bevor sie in den großen Strom münden. An seinen Ufern bilden sich Kies- und Sandbänke. Darauf kleine Dörfer, stattliche Bürgerhäuser und Hotels in erster Reihe der Uferpromenade, alle mit schwarzen Schieferdächern bedeckt. Anlegestellen und Molen ragen ins Wasser, Treppen führen die Schutzmauer hinauf, eine Skala gibt den Wasserstand an, auch die Hochwasserstände des letzten Jahrhunderts. In Koblenz liegt der Wasserpegel bei 2.50m, beim Jahrhunderthochwasser, Weihnachten 1993 erreichte er über 10m.
Dort wo der Falke fliegt, thront aus dunklem Stein die Burg. Die Wachttürme, die wehrhaften Schildmauern sind eine weithin sichtbare Landmarke. Ein Wegzeichen, eine weißgeschwungene Linie auf blauem Grund, vieldeutig, stellt es den Rheinlauf dar, eine Welle, den Wanderpfad der am Ufergrad entlang führt? Oder ist es ein angedeutetes R, für Rheinsteig? Ein Gurgeln und Plätschern flankiert die sechsköpfige Wandergruppe, unaufhaltsam verlässt ein Strom aus Worten ihre Lippen. Den Rhein flankieren die rollenden Eisenbahnzüge das plötzliche Aufheulen einer Schiffssirene und einem Ohrenschmaus aus allem. Die Sechse ziehen von Koblenz nach Mainz, auf dem Schiff spüren sie die Anstrengungen der Maschinen unter ihren Füßen, damals, ohne Technik zogen Pferde gegen die starke Strömung flussaufwärts. Der Wein wächst an den Uferseiten, Südlage mag er am liebsten, da erntet er die meiste Sonne, jetzt Anfang Oktober wird er süß, nur nicht zu früh pflücken.
Die Wanderer picken unterwegs wie die Vögelchen, kommt der Bauer, husch sind sie weg. Die Weinorte an denen sie vorüberkommen heißen, Boppard, St. Goar, Oberwesel, Bacharach, Lorch. In der Dorfkneipe Troubadour gibt es dann zu trinken, der Trinkspruch "Lorcher Becher Sorgenbrecher" bleibt in den Köpfen hängen, selbst wenn die Zeit so langsam wird, dass sie stehen bleibt. Nachts ist es kalt, auf der Suche nach einem Winterquatier wandert der Feuersalamander über die Teerstraße, sein gelb leuchtendes Warnkleid wird von dem vorüberfahrenden Auto nicht gesehen. Morgens landet er auf der Fotodatei des IPads, die Gruppe bedauert, leider gibt es noch kein Programm dass ihn wieder heil machen könnte.
In Assmanshausen am steilen Hang, weiße und rote Rispen, hier fährt kein Traktor, es muss mit der Hand geerntet werden. Männer und Frauen, am Rücken eine tiefe Trage, hierhinein wird gepflückt. Die Wanderer stecken die Köpfe zusammen: "Wo kommen die vielen Arbeiter her?" Aus Polen, Littauen oder der Slowakei?"
Der Tag der deutschen Einheit wird heute in Mainz gefeiert, das Motto "zusammen sind wir Deutschland", Bilder von Merkel, Steinmeier, und Co sie halten Andacht im Mainzer Dom, anschließend ein kurzes Bad im Meer der Schaulustigen. Am oberen Mittelrhein, dem hochprämierten Weltkulturerbe, ist es dagegen still, Gaststätten bleiben geschlossen. Hartgesottene Pfälzer und Rheinländer geben mitten im Wald, im Niemandsland "Flaschenhals" Zwiebelkuchen und Federweiße im Bauwagen aus. Auf den stündlich verkehrenden Ausflugschiffen ertönen keine Lieder, nach dem Binger Loch, dem Engpass, ist er breit geworden der Rhein. Die Natur wird schon geliebt, aber die Menschen treibt es halt dorthin wo schon andere sind. Wie das sechsköpfige Wandertier nach Rüdesheim in die Drosselgasse, wo Souvenirs und Kneipen so dicht beieinanderstehen, dass selbst der Regen nicht durchkommt.
Auf dem Schiff flussaufwärts, im 15 km Tempo. Auf dem Rhein wachsen flache Inseln, umgestürzte Weiden strecken ihre Äste aus dem Wasser, Sanddünen bilden Stehplätze für Kormorane. Das Glitzern der kleinen Wellen, und die weit entfernten Ufer wachsen zusammen zu einer weiten unberührten Landschaft. Die erste Brücke, die sich nach Koblenz über den Strom spannt ist in Mainz, bleiben 100 km, wo nur das Schiff und die Fähre die Ufer vebinden.